

Die Zusage für die Austragung der Spiele 1964 fünf Jahre zuvor war wie ein Segen. Denn während des Krieges wurden in Innsbruck gut 15.000 von den insgesamt knapp 26.000 Wohnungen zerstört oder beschädigt, lediglich 10.500 blieben unversehrt. Rund 15.000 Menschen waren wohnungslos und hausten in notdürftigen Baracken.
Das Olympische Dorf war der wesentliche Faktor für die relativ rasche Entspannung der Lage. Für die rund 1100 Athleten und 3000 Funktionäre wurden südlich der Schützenstraße fast 700 Wohnungen gebaut. Ohne Ausschreibung, ohne Architektenwettbewerb – die Vorgabe war, schnell und günstig Betonhochhäuser zu errichten, die im Juli 1964 von der Bevölkerung bezogen wurden. Zumeist handelte es sich um ärmere, kinderreiche Familien, da die Wohnungen groß und günstig waren. Ein Teil der 6000 Mieter stammte aus der sogenannten Bocksiedlung.
1973 bekam Innsbruck erneut den Zuschlag für die Austragung der Winterspiele 1976. Innerhalb kürzester Zeit wurde unmittelbar neben dem ersten Olympischen Dorf ein zweites (südlich der An-der-Lan-Straße) gebaut – wieder mit rund 650 Wohnungen. Diesmal mit Architektenwettbewerb – weshalb die neuen Hochhäuser auch moderner und qualitativ besser ausfielen. Erneut wurden knapp 5000, vor allem junge, Innsbrucker mit Familie angesiedelt, diesmal aber vermehrt aus der Mittelschicht – weil die Wohnungen teurer waren als im ersten Dorf. In den Jahren danach stieg das Ansehen des Stadtteils. Bereits ab 1970 entstanden erste Musikkapellen und Sportklubs, aufwendige Bälle wurden veranstaltet, das „O-Dorf“, wie die Innsbrucker ihren Stadtteil nennen, bekam eine Seele.
1984 wurde schließlich der Verein VNO (Verband Neuarzl/Olympisches Dorf) gegründet, ein Dachverband für alle Kultur-, Sport- und Bildungseinrichtungen. Parallel dazu wurden im Rahmen des sozialen Wohnbaus weitere Hochhäuser (auch Eigentumswohnungen) gebaut und Familien angesiedelt. „Das Gesellschaftsleben wurde lebendiger“, sagt VNO-Obmann und ehemaliges ÖOC-Mitglied Friedl Ludescher, ein O-Dörfler der allerersten Stunde. „Auch die Wohnqualität stieg, die älteren Gebäuden wurden saniert.“
„Der Geist von Olympia“
Der größte Trumpf des Stadtteils sei die Internationalität und der Zusammenhalt der Bevölkerung. „Die Gemeinschaft hier ist mustergültig“, betont Ludescher. „Bei uns leben Menschen aus 55 Nationen.“ Für ihn hat es das O-Dorf geschafft, die Olympische Charta – ein friedliches Zusammenleben aller Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Religion oder Herkunft – nachhaltig zu verwirklichen. „Der Geist von Olympia ist hier zu Hause“, so Ludescher. „Und den werden wir am 29. Jänner gebührend feiern.“